Nachruf auf Willi Bolten

Ein großer Jazzfreund

Willi Bolten

So fing alles an

Beseelt von dem Wunsch, in Monheim am Rhein eine spezielle Jazz-Szene entstehen zu lassen, versammelte sich im September 1998 eine Handvoll Monheimer Jazzfreunde in der Altstadtkneipe „Zollhäuschen“. Am 10. Dezember folgte der erste Schritt zur Verwirklichung dieses Wunsches: Der Verein „Jazz in Monheim e.V.”, kurz JiM genannt, wurde aus der Taufe gehoben. Initiator und Mitbegründer des Vereins war Willi Bolten, ein gebürtiger Düsseldorfer, der sich bis ins hohe Alter in vielfältiger Weise ehrenamtlichen Aufgaben widmete.

Ehrenamtler Willi Bolten

Bereits kurz nach seinem Umzug nach Monheim Mitte der sechziger Jahre engagierte er sich aktiv in der Monheimer Kommunalpolitik, etwa als Stadtratsmitglied der SPD und als Kreistagsabgeordneter im Kreis Mettmann oder im Ortsvereinsvorstand seiner Partei. 1976 wurde er auch Mitglied der Europa-Union.

Ob im örtlichen Brauchtum – u. a. als Karnevalsprinz sowie als langjähriger „Drummer“ im legendären Monheimer „Panikorchester“ –, im Umwelt- und Naturschutz, in der Evangelischen Kirchengemeinde, als „MonGuide“ (Stadtführer) oder als Mitbegründer des „Netzwerks Demenz Monheim“ sowie in diversen weiteren Bereichen – Willi Bolten war der personifizierte Ehrenamtler.

Willi Bolten

Leidenschaft Jazzmusik

Von herausragender Bedeutung für die Würdigung seines ehrenamtlichen Engagements war zweifellos sein langjähriger Einsatz für die Jazzmusik in Monheim am Rhein. Zwar spielte der Jazz bereits in seiner Düsseldorfer Zeit eine große Rolle in seinem Leben. In Monheim gelang es ihm, mit Unterstützung von Gleichgesinnten, großem Ideenreichtum und starkem Engagement die Jazzmusik als neues und stark nachgefragtes kulturelles Angebot zu etablieren.

Seit der Vereinsgründung bis zum April 2017 war Willi Bolten Vorsitzender von JiM. In der Mitgliederversammlung am 6. April 2017 wurde er, inzwischen 82-jährig, zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Durch sein unermüdliches Engagement, sein enormes Jazz-Wissen und seine exzellenten persönlichen Kontakte nicht nur zu Jazzmusikern und Jazzformationen, sondern auch zum Monheimer Rathaus und zu privaten und gewerblichen Sponsoren hat Willi Bolten wesentlich dazu beigetragen, dass Jazzveranstaltungen in vielfältigen Formaten zu einem neuen, belebenden Element des städtischen Kulturangebots und JiM im Laufe der Jahre weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurden.

Initiator verschiedener Veranstaltungsformate

Den musikalischen Auftakt in das Vereinsleben bildete der von Willi Bolten initiierte Auftritt der „Atlanta Jazzband Köln“ im (heute leider nicht mehr existierenden) Sudhaus der Monheimer Brauerei am 17. Januar 1999. Das Konzert fand eine enorme Resonanz beim Publikum und in der örtlichen Presse. Es bildete den Start in eine achtzehn Jahre andauernde Serie von ca. 200 JiM-Veranstaltungen mit mehr als 100 verschiedenen Bands an ca. 20 verschiedenen Spielstätten während Willi Boltens Amtszeit.

Willi Bolten gab auch den Anstoß zur Entwicklung spezieller Veranstaltungsformate. Besonders am Herzen lag ihm die Nutzung des städtischen Wahrzeichens „Schelmenturm“ als Spielstätte für kleinere Jazzensembles. So initiierte er 2004 in Zusammenarbeit mit Marke Monheim e.V. die bis 2018 angebotene, beim Publikum sehr beliebte Jazz-Abo-Reihe „Jazz im Turm“.

Bereits 2002 wurde Willis Idee der Themenabende umgesetzt. Mehrmals im Jahr stellten bekannte Jazzmusiker mit ihrer Band – zunächst im „Zollhäuschen“, später im „Zollhof“ - die Geschichte und die Bedeutung der die Jazzmusik besonders prägenden Instrumente in Wort und Ton vor. Von dem Angebot, den Musikern Fragen zu stellen und mit ihnen diskutieren, wurde reichlich Gebrauch gemacht.

Willi Bolten

Monheimer Jazztage und Jazz-Exkursionen zu Land und auf dem Wasser

Nach zwei erfolgreichen eintägigen Altstadt-Jazzfesten in den Jahren 2000 und 2002 fasste JiM den Entschluss, zukünftig mehrtägige Jazzfestivals zu veranstalten. Erstmals 2005 und danach 2007, 2009 und 2012 wurden unter Willis Regie aufwändige Events geplant und durchgeführt. Zahlreiche Jazz-Ensembles und -Solisten brachten die Monheimer Altstadt zum Swingen. Diese Veranstaltungen waren für Willi Bolten eine besondere Herzensangelegenheit, konnte er damit doch seine Leidenschaft für den Swing zur Geltung bringen. Selbstverständlich begleitete Willi Bolten auch die obligatorischen Rundgänge der Marchingbands durch die Monheimer Altstadt.

Nicht nur die Jazztage trugen zur Stärkung des Vereinslebens und zu einem rasanten Anstieg der Mitgliederzahl bei, sondern auch zahlreiche - meist mehrtägige – Exkursionen zu Land oder zu Wasser, wie z. B. zu Dixieland-Festivals nach S’Hertogenbosch und Dresden sowie zu insgesamt zehn – z. T. mehrtägige – Riverboatshuffles auf dem Rhein, der Mosel und der Ruhr – natürlich mit Jazzbands an Bord.

Willi Bolten

Mit wenigen Ausnahmen hat Willi Bolten an der Organisation aller zwischen 1999 und 2017 stattgefundenen JiM-Veranstaltungen aktiv mitgewirkt und daran auch persönlich teilgenommen.

Das gilt auch für die von ihm etablierten geselligen Treffen von Jazzfreunden, die seit der Vereinsgründung bis 2018 regelmäßig am ersten und am dritten Donnerstagabend eines Monats im „Zollhäuschen“ stattfanden (und auch noch heute – an anderer Stelle – stattfinden).

Im Rückblick auf das jahrzehntelange, breitgefächerte ehrenamtliche Engagement Willi Boltens bleibt festzustellen, dass die Jazzmusik im Allgemeinen sowie die Gründung und stetige Weiterentwicklung einer lokalen Jazzszene mit überregionaler Ausstrahlung von herausragender Bedeutung für seine Lebensgestaltung waren und zu Recht als sein Lebenswerk bezeichnet werden dürfen.

Am 20. August 2021 wurde Willi Bolten im New Orleans Style mit einem Trauermarsch zwischen Kirche und Urnenwand beigesetzt. Die Jazzfreunde aus Monheim und Umgebung werden ihn nie vergessen und ihm dauerhaft ein ehrendes Andenken bewahren.

Achim Wegner

im November 2021